Vor dem Hauptquartier von Toyota in Toyota-City läuten blühende Kirschbäume den Frühling ein. Auch im Sitz des größten Autobauers Japans weht ein frischer Wind. Konzernchef Akio Toyoda hat am Dienstag 50 Topmanager aus aller Welt zum ersten Treffen des Sonderkomitees für globale Qualität geladen. Diese Taskforce soll unter seiner Leitung die Hauptzutat von Toyotas Erfolg retten: den Ruf als Qualitätshersteller, den der Konzern zuletzt durch den Rückruf von mehr als acht Millionen Autos ramponiert hat. „Wir wollen alle Qualitätsabläufe erneut überprüfen“, verspricht Toyoda.
Mit diesem Gremium zettelt der 53-jährige Enkel des Firmengründers bewusst eine kleine Kulturrevolution an. Toyoda ist im vorigen Jahr angetreten, um unter dem Schlachtruf „Zurück zu den Wurzeln“ den schwerfällig gewordenen, zentral geleiteten Konzern in mehrere regionale, agile Toyotas zu zerlegen. „Entscheidungen sollen so nahe wie möglich am Kunden gefällt werden“, erklärt Toyoda, nicht mehr wie bisher unter Kirschblüten.
Das Spezialkomitee sei ein Teil dieses „Neustarts“, so Toyoda. Im Endeffekt versucht er damit nichts weniger, als die Dezentralisierung voranzutreiben und die verkrustete Konzernbürokratie aufzubrechen. Sein Stosstrupp sind neun Qualitätsmanager, im Unternehmensjargon „Chief Quality Officer“ oder kurz CQO genannt.
Sie vertreten die Hauptregionen des Konzerns vertreten, namentlich den USA, Europa, China, Japan, Asien und Ozenanien sowie dem Rest der Welt. Sie sollen unter Umgehung der Konzernbürokratie den Beschwerden der lokalen Kundschaft in der Zentrale direkt und weniger gefiltert Gehör verschaffen, gleichzeitig bei Rückrufe mitentscheiden, die bisher vor allem von Japan aus befohlen wurden, und vor Ort regionale Qualitätskomitees leiten. Europa wird durch den Franzosen Didier Leroy vertreten.
Unterstützt wird der Vorstoss durch die Einrichtung von mehr als einem Dutzend weltweit verteilter lokaler Qualitätssicherungszentren. Dadurch hofft Toyota, schneller Kundenbeschwerden auf den Grund zu gehen und sie nicht mehr auf dem Weg durch die Verwaltung abzuschwächen. Denn ein Großteil der jetzigen Probleme sind behäbiger Fehlerkorrektur und abwiegelnder Bewertungen geschuldet.
Ein Problem mit einem feststeckenden Gaspedal, das einmal getreten sich in einigen Fällen nur langsam oder gar nicht zurück bewegte, ist in Europa bereits im Jahr 2007 aufgefallen, aber offenbar nur teilweise behoben worden. 2009 tauchten Beschwerden in den USA auf. Dies führte im Januar zum zweiten Millionenrückruf in wenigen Monaten.
Der Aufwand tut dringend Not. Denn Toyota und Toyoda haben durch die Rückrufe und ihre träge Reaktion die wirtschaftliche zu einer regelrechten Vertrauenskrise ausufern lassen, die den Konzern auf Jahre hinaus zu belasten drohen. Schon vor dem Rückrufdebakel ist Toyota durch den krisenbedingten Kollaps der Autonachfrage in den Industrienationen im Jahr 2008 von einem Rekordgewinn auf einen Rekordverlust abgerutscht. Auch für das Ende März ablaufende Bilanzjahr erwartet Toyota rote Zahlen.
Die Rückrufe haben nun Toyotas Ruf als Qualitätshersteller in seinem einstigen Hauptmarkt USA just in dem Moment zerstört, in dem die Amerikaner wieder Autos zu kaufen beginnen. Toyoda musste sich sogar vor einem Untersuchungsausschuss des US-Repräsentantenhauses für vermeintliche Qualitätsmängel verantworten. „Sind Toyota-Autos noch sicher?“, fragten die US-Politiker in einer Manier, die in Japan als gezielte Kampagne gegen Toyota zum Wohle der kriselnden US-Hersteller wahrgenommen wurde. Zusätzlich droht Toyota in den USA eine Prozesslawine, die die Bilanz mit mehreren Milliarden US-Dollar belasten könnte. Toyoda muss nun langen Atem beweisen. Denn ein Ruf ist weit schwerer repariert als ein Auto.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen