Am Sonnabend startet im Scheichtum Katar die Tagung des Washingtoner Artenschutzuebereinkommens, auf der ein über ein Handelsverbot für Thunfisch abgestimmt werden soll. Japan hat sich für die Sitzung wie schon beim Walfang die Rolle des bösen Buben ausgesucht und will ein Handelsverbot verhindern, oder wenn das nicht klappt, unterlaufen.
Japan will ein mögliches Handelsverbot von Thunfisch aus dem Atlantik oder dem Mittelmeer unterlaufen. Wenn es auf der Tagung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens, die am heutigen Sonnabend im Scheichtum Katar beginnt, „hart auf hart kommt, werden wir Vorbehalt einlegen“, kündete jüngst Japans Vize-Landwirtschaftsminister Masahiko Yamada an.
Mit dieser harten Ankündigung reagiert Japan auf den Vorstoß Monacos, die Bestände von Blauflossenthun im Atlantik und Mittelmeer als „unmittelbar bedroht“ einzustufen und damit den internationalen Handel zu verbieten. Japans Schritt würden den Bann jedoch aushebeln. Denn das Land könnte damit weiter den Fang von Nationen kaufen, die ihrerseits Vorbehalt einlegen. Und wahrscheinlich werden viele Nationen dieser Versuchung nicht widerstehen können, weil Japan schlicht der größte Importeur des edelen Fisches ist.
Drei Viertel des Thunfangs verschwindet roh als Sashimi oder Auflage für Sushi in japanischen Mägen. Denn das Fleisch des majestätischen Fisches gilt hierzulande als der höchste Hochgenuss. So erzielte ein Thunfisch in der traditionellen Jahresauftaktauktion auf dem Tokioter Fischmarkte einen Preis von 16,2 Millionen Yen (130000 Euro).
Noch ist nicht einmal gesichert, dass sich die Artenschützer durchsetzen. Der Vorschlag benötigt eine Zweidrittelmehrheit, um in Kraft zu treten. „Und um die wird es in Doha zu einer Art Schlacht zwischen den Befürwortern und Gegnern des Banns um die anderen Nationen kommen“, sagt ein Vertreter des japanischen Fischereiministeriums.
Die Europäische Union und die USA haben sich bereits auf die Seite der Artenschutzorganisationen geschlagen, die seit Jahren vor einem Kollaps der Thunfischbestände warnen. Greenpeace fordert bereits, weite Teile der Weltmeere in Schutzzonen umzuwandeln, in denen jeder Fang verboten wird. So soll sich der Bestand erholen können. Japan hingegen kämpft selbst auf die Gefahr gegen ein Handelsverbot, dass die Nation wie schon bei der Fortsetzung ihres Walfangs von den Umweltschutzgruppen an den Pranger gestellt wird.
Japans Motiv ist nicht die Angst, keinen Thunfisch für Sushi und Sashimi mehr zu haben. Einen Großteil des edlen Fisches bezieht das Land eh aus dem Pazifik. Das Land sieht sich schlicht zu unrecht angeprangert, da es sich als Vorreiter eines geregelten Fangs und die EU als Bremser ansieht.
Das Ministerium klagt die EU an, japanische Vorstöße zum Artenschutz in der Internationalen Kommission für den Schutz des Thunfischs im Atlantik (ICCAT) blockiert zu haben. Die ICCAT regelt den Thunfischfang im Atlantik und im Mittelmeer. Der Thunfisch in anderen Regionen wird von ähnlichen internationalen Gremien gemanagt. „Die ICCAT war sehr faul“, sagt der japanische Beamte.
So habe Japan voriges Jahr auf der ICCAT eine Aussetzung des Fangs vorgeschlagen, aber die EU habe sich dagegen ausgesprochen. Stattdessen wurden die Fangquoten nur um 40 Prozent gesenkt. „Nun fordert die EU auf einmal einen Handelsbann“, so der Beamte, „wir sind sehr überrascht.“
Dass die Bestände gefährdet sind und etwas getan werden muss, steht dabei außer Frage. Denn nicht nur der geregelte, sondern auch der illegale Fischfang setzt der Delikatesse zu. Nur weist Japan daraufhin, dass zum einen die Einstufung des atlantischen Bestandes als extrem gefährdet wissenschaftlich noch umstritten ist. Denn die Forscher fußen ihre Analysen auf unterschiedlichen Schätzungen des ursprünglichen Bestands. Zum anderen hält die Regierung die ICCAT und nicht die Artenschutzkonferenz für zuständig.
Zum anderen bezeichnet Japan ein Handelsverbot für ungerecht, da es einige Staaten stärker trifft als andere. Schließlich dürfen die Staaten trotz eines Handelsbanns innerhalb ihrer 200-Meilen-Zone Thun fischen und innerhalb des Landes verkaufen und verzehren. Dies sichert Küstenfischern in den USA und der EU weiter das Überleben, da diese Märkte über eigene Nachfrage verfügen. Fischer in reinen Exportländern wie der Türkei oder Tunesien müssen hingegen die Netze einholen.
Japans Fischereibehörde unterstrich seine Position am Donnerstag mit einer Pioniertat. Erstmals stoppte es die Auslieferung von 2200 Tonnen Thunfisch wegen Ungereimheiten in den Lieferdokumenten, berichten Japans Medien. Für Artenschützer ist dies ein Beleg für die weite Verbreitung illegaler Raubfischer. Die Regierung will damit hingegen nach Meinung von Experten demonstrieren, dass die Schutzmechanismen der ICCAT Thunfischfang funktionieren.
Gleichzeitig wischt Japan der EU eins aus. Denn pikanterweise handelt es sich teilweise um Fisch , den französische und italienische Fischer als Jungfisch gefangen, in Malta in Thunfischfarmen gemästet und dann tiefgefroren nach Japan exportiert haben.
Die Thunfischmast ist beliebt, aber bis vor kurzem kein Mittel gegen die Ausrottung, weil die Züchtung von Nachwuchs in der Gefangenschaft nicht möglich war. Daher mussten die riesigen Netze der Farmen durch Fang aufgefüllt werden. Doch hier liefert Japan inzwischen eine Lösung. Den Wissenschaftlern der Kinki Universität ist es gelungen, den vollen Kreislauf vom Laichen bis finalen Fang in der Gefangenschaft zu durchlaufen.
Inzwischen wird die Technik auch im Ausland verkauft.
Aufsehen erregte voriges Jahr die Zusammenarbeit mit der australischen Firma Clean Seas, in der erstmals südlicher Blauflossenthun gezüchtet wurde. Das Magazine Time bezeichnete diesen Durchbruch als zweitbeste Erfindung des Jahres 2009. Für Gourmets bleiben die Mastfische allerdings nur zweite Wahl. „Wilder Thunfisch schmeckt einfach besser“, sagt der japanische Fischereiexperte.
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