Dienstag, 28. Februar 2012

Besuch im AKW Fukushima 1

Mit einer Gruppe von ausländischen Journalisten habe ich heute die Atomruinen des AKW Fukushima 1 besucht. Das Foto zeigt mich im Tyvek-Anzug vor der Abfahrt zum AKW.

Hier noch ein Foto von meiner vollen Strahlenschutzausrüstung. Sie ist nur etwas dicker als Papier.


Es ist ein merkwürdiges Gefühl, in 20 Meter Entfernung am Reaktor 3 entlangzufahren, der so stark strahlt, dass bis heute kein Arbeiter ihn betreten kann. Dies führte mir krass vor Augen, was ich bisher schon wusste: Radioaktivität ist eine Gefahr, die wir mit unseren Sinnen nicht wahrnehmen, sondern nur rational verstehen lernen können.

In den kommenden Tagen werde ich mehrere Aspekte des Alltags im Strahlenland in Artikeln beschreiben. Sofern vorhanden, werde ich die Links der Artikel hier online stellen.

Mein Dosimeter gab im übrigen an, dass ich während des ungefähr drei Stunden dauernden Aufenthalts auf dem AKW-Gelände 41 Mikrosievert an Strahlung abbekommen habe.

Sonntag, 26. Februar 2012

Der vierbeinige Marathonläufer

Fotografieren mit dem iPhone ist dank der recht großen Zeitverzögerung zwischen dem Drücken des Auslösersymbols und dem Auslösen meist anstrengend, wenn man einen bestimmten Moment einfrieren will, manchmal aber auch lustig.

Beim Tokyo Marathon ist der Kamera in Toyosu das folgende Bild geglückt: 


... ein vierbeiniger Marathonläufer.

Die Kamera löste genau in dem Moment aus als eine der Top-Platzierten Läuferinnen sich anschickte, an dem Mann vorbeizuschießen.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Tech und Tourismus: Die Dinosaurier-Brücke

Diese Woche gibt es am Donnerstag in meinem Technology Review-Blog eine kleine Hommage an Tokio. In Japan wird Bautechnik gerne in touristische Attraktionen verwandelt. Das ist natürlich nicht nur in Japan so, aber hier ist die Suche nach Attraktionen besonders ausgeprägt. Technische Großprojekte werden gezielt als Tempel des Kult des Monozukuri (die Herstellung von Dingen) gebaut wie ich in meinem Blog genauer beschreibe.

Face-Off: In diesem Jahr haben wir in Tokio sogar zwei neue techno-touristische Großereignisse. Die Eröffnung des mehr als 600 Meter hohen Funkturms "Tokyo Skytree" und die 2,9 Kilometer lange und rund 1,1 Milliarden teure "Tokyo Gate Bridge", die just eröffnet worden ist und einen tollen Blick auf den Fuji, Tokios Skyline und überhaupt die ganze Bucht von Tokio bietet. Sie wird wegen ihrer Form auch Dinosaurier-Brücke genannt (denn es gucken sich zwei Dinos an wie man mit etwas Fantasie nachempfinden kann).

Technik zum Anfassen: Die Brücke wurde auf der Tokio zugewandten Seite mit einem Fussweg ausgestattet, zu dem Fußgänger über zwei Türme Zugang haben, allerdings nur von 10 bis 17 Uhr.

Liebe fürs Detail: Der Blick ist fantastisch wie diese Bilder zeigen, besonders wenn die Sonne einem den Gefallen tut, genau in den Krater des Fuji zu sinken.

Turmbau zu Tokio: Man hat sogar einen schönen Blick auf den Toky Skytree (am Horizont). In Japan werden touristische Attraktionen oft nahezu aus dem Nichts erfunden und gepflegt. Jede Präfektur hat ihre eigene Blume, Melodie, pflegt ein besonderes Produkt, eine Spezialität, Nudeln oder was auch immer. Und das gilt natürlich auch für Bauwerke. Dazu noch ein paar Bilder:

Überwältigend: Die Brücke und die Skyline von Tokio. In Momenten wie diesem finde ich Tokio einfach nur toll.

Lehrstück Technik: Wie es sich gehört, wird die Brücke gut erklärt.

Absolutes Halteverbot: Natürlich hat alles seine Ordnung auf der Brücke wie dieses Straßenschild zeigt.

 Funktional: Die Brücke kann auch sehr viel größere Schiffe passieren lassen.


Formschön: Es gibt genug Skyline, auch der Rest der Bucht von Tokio ist zu sehen. Aber ich finde die Raffinerien von Chiba nicht ganz so spannend.


Kleingedruckt: Und es wird natürlich gewarnt, vor großen Wellen zum Beispiel.

Leben mit der Brücke: Hier der Beweis, dass auch die Bucht von Tokio Menschen ernährt, naja, immerhin ihre Hobbys befriedigt.

Nahbare Technik: Man kann auch nahe an die Dinos herangehen, auf dem Leuchtturmsteg.

Fuji und die Sonne: Und hier der Sonnenuntergang im Detail.

 Perfekt ...

 ... eingelocht.

Die Kräne gehören zu einer Großbaustelle auf der aufgeschütteten Insel, zu der die Brücke führt.

 Und dann wurde es dunkel. Gute Nacht.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Nanotech 2012 und Strahlenschutzwäsche

In meinem wöchentlichen Blog auf Technology Review berichte ich dieses Mal von der weltweit größten Messe für kleinste Teilchen, von der Nanotech in Tokio. 

Mode für AKW-Arbeiter: Besonders beindruckt hat mich dieser Kapuzenanzug des Unterwäscheherstellers Gunze. Es handelt sich um einen Strahlenschutzanzug aus gewebten Wolfram-Fäden. Das Gewebe soll per Kilogramm pro Quadratmeter mehr Gamma-Strahlung blocken als Bleiplatten – und verheißt darüber hinaus sogar noch einen besseren Tragekomfort als Blei. Kostenpunkt: rund 35000 Euro. Er ist dafür gedacht, unter einem der Instant-Strahlenschutzanzüge getragen zu werden, die derzeit bei den Rettungsarbeitern im zerstörten AKW Fukushima 1 so groß in Mode sind. 

Textil für das Düsentriebwerk: Mehr Massenabsatz kann sich Gunze da schon von diesen Silizium-Karbon-Fäden versprechen. Die sind so hitzeresitent, dass sie sogar in Düsentriebwerken eingesetzt werden können. Gunze wäre der weltweit dritte Hersteller, der diese Fasern herstellen könnte - und der dritte in Japan. Einzig BMW-Partner SGL plant, als erstes ausländisches Unternehmen in das japanische Reservat einzubrechen.

Nano-Strukturen für Riesenspeicher: Der Elektronikkonzern Toshiba werkelt derweil an einer Festplatte mit Strukturen im 8-Nanometerbereich. Ein 3,5-Zoll-Laufwerk mit dieser Technik soll irgendwann einmal 45 Tb an Daten fassen können. 
 Leica vertraut nicht nur auf Technik, um Kunden anzuziehen. 

Schmucke Ablenkung: Nett auf japansichen Messen sind auch immer die verspielten Gimmicks, hier ein schmuckes Hologramm. Das Geheimnis sind die auf Superhochglanz polierten Spiegel im inneren der Dose, die das Objekt, das auf dem Boden steht, in den freien Raum projizieren.

Nano-Beauty im Alltag: Nicht fehlen dürfen natürlich auch die ersten Anwendungen für Bucky Balls. Hier sind wir am Stand des Herstellers Mitsubishi.

Nano als Jungbrunnen: Besonders beliebt sind natürlich kohlenstoffverstärkte Tennis- und auch Golfschläger, die auch ältere Semester wieder aufschlagen lassen wie zu ihren besten Tagen. Und habe ich Golfbälle schon erwähnt?

 Das flutscht: Wie wär's mit ein wenig Nanowachs?

Nano-Lichtspiel: Dieses kleine Gerät stammt aus der Schweiz und will gerne in unsere Handys und Tablet-PCs hinein. Es handelt sich um einen Mikro-Laserprojektor, der am Stand von Micronarc, dem Mikro-Nanotech-Cluster der Westschweiz ausgestellt wird.

Nano-Schritte aus der Schweiz: Dort gibt es auch dieses Würfel große Textgerät zu sehen, das auf der Platte in 40 Nanometer kleinen Schrittchen bewegt werden kann.

Wie Nano Explosionen verhindern hilft: Bayer ist ebenfalls groß mit seinen kleinsten Produkten vertreten, mit Carbon Nano Tubes. Die können allerlei Produkten beigemischt werden. Zum Beispiel diesem Tankdeckel aus Plastik. Der wird die Kohlenstoffröhrchen elektrisch leitfähig und braucht damit keine Erdung mehr. 

Stark wie Stahl, leicht wie Aluminium: Interessant finde ich auch diese Schraube aus mit Kohlestoffröhrchen verstärkten Kohlestoffröhrchen. Als ich die doch recht massiv wirkende Schraube in die Hand nahm, habe ich mich erst erschrocken. So leicht war sie. Ich hatte instinktiv das Gewicht einer Stahlschraube erwartet. Nano wird unsere Welt in den kommenden Jahren noch deutlich mehr verändern helfen.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Ein Gedicht aus Fukushima

Marika Yoshida hat in einem Gedicht ihre komplizierten Gefühle zu Papier gebracht. Ich mag es, da es sich so wohltuend von der oft holzschnittartigen Berichterstattung abhebt. 
My living in Fukushima

To live in Fukushima, to me

It means, no more opening the window and taking a deep breath every morning

It means, no more drying our laundry outside

It means, to discard the vegetables grown in our garden

It means, to feel a pang at the sight of my daughter leaving the house with a mask and a dosemeter on, without even being told

It means, not to be able to touch this whitest snow

It means, to get slightly irritated sometimes when I hear the “Fight on, Fukushima” slogan

It means, to notice that I became to breathe shallowly

It means, to tell someone that I live in Fukushima and not be able to help adding “but our area’s radiation is still low…”

It means, to feel that now exist 福島 (Fukushima in Chinese characters) and FUKUSHIMA

It means, to get angry when someone tells us to “stay” feeling “What do you think of our lives?,” and to get angry when someone tells us to “flee” feeling “Don’t say it so easily! It’s not that simple!”

It means, to worry if my 6-year-old girl can get married in the future

It means, to feel like abandoning my responsibilities for having chosen to live in Fukushima

It means, to renew a deep understanding in my gut every morning that our daily lives stand on the thin-ice-like “safety,” which is kept on the sacrifices and efforts of others.

It means, to think every night that I might have to leave this house tomorrow and go far away

It means, to still pray every night that we could live in this house tomorrow

First and foremost, I pray for the health and happiness of my daughter

I cannot forget that black smoke

I want someone to understand that we still live happily more or less, nonetheless

I get furious, everyday

I pray, everyday

I have no intention to represent Fukushima. This is what to live in Fukushima means to me, only to me.

Today is the 10-month anniversary for Fukushima.

An der Grenze zum Niemandsland

Dies ist ein Checkpoint an der Grenze zur Evakuierungszone in Minami-Soma, 20 Kilometer nördlich vom AKW Fukushima 1. Es herrscht mehr Betrieb als ich gedacht hatte. Circa 300 bis 400 Autos mit Arbeitern, aber auch evakuierten Bewohnern der Zone passieren den Wachposten täglich, sagte mir ein Polizist. Die Botschaft: Das Leben "normalisiert" sich. Wer nicht weggelaufen ist, beginnt bewusster mit der Strahlung zu leben. 
Im Zentrum Minami-Somas fällt es leichter als in einigen Stadtteilen der Präfekturhauptstadt Fukushima, die 60 Kilometer von den Reaktoren entfernt liegt. Denn an der Küste ist die Jahresdosis mit derzeit etwa drei Millisievert relativ gering. In Fukushimas Stadtteil Watari werden örtlich Werte gemessen, die deutlich darüber liegen. Kinder dürfen dort noch immer nicht draußen spielen. Denn die radioaktive Wolke zog westlich an Minami-Soma vorbei, aber über Fukushima hinweg.