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Montag, 2. April 2012

Bye, bye, Disneyland - Japans neue Erdbebenszenarien

Japans industriellem Herzland drohen Mega-Tsunamis - sowie: die neuesten Erdbebenkarten für Tokio)

Mein Reden: Verglichen, mit dem, was hier an Erdbeben noch anstehen könnte, waren die Folgen des Tohoku-Erdbeben wahrscheinlich nur Peanuts: Japans Regierung hat die Tsunami-Warnung für das industrielle Herzen des Landes massiv verstärkt. 
Der Pazifikküste zwischen südlich von Tokio bis Shikoku und der Region um Osaka drohen Mega-Tsunamis von mehr als 20 Metern Höhe, besagen neue Simulationen. Selbst der neue Schutzwall des derzeit abgeschalteten AKW Hamaoka, der gerade auf 18 Meter erhöht wird, könnte mühelos von der Wasserwand überspült werden, warnen die Wissenschaftler.
Die Voraussagen betonen, was angesichts der dreifachen Katastrophe vor einem Jahr gerne vergessen wird. Ein mögliches Mega-Beben vor Zentral-Japan könnte weit größere Schäden hervorrufen als das Beben der Stärke 9 im Nordosten vor einem Jahr. Nicht nur würde der Tsunami die Küsten Shizuoka und Aichi verwüsten, in denen beispielsweise Toyota beheimatet ist. Auch die Autobahn- und Shinkansenverbindungen zwischen Tokio und Osaka, der zweitgrößten Industriemetropole des Landes, könnten für Tage, Wochen oder gar Monate unterbrochen werden.
Außerdem drohen weitaus mehr Tote. Denn da das Bebenzentrum weitaus näher an der Küste liegen dürfte, erreicht der Tsunami viele Regionen noch während des Bebens oder nur wenige Minuten später. In Japans Nordosten vergingen mehr als 40 Minuten, bevor der Tsunami kam.

Und wem das nicht reicht:
Das Erziehungsministerium veröffentlich zudem seine neuesten Desasterkarten für Tokio, die auf verschärften Erdbebensimulationen basieren. 
Der fünfeckige Stern zeigt das Epizentrum an. Just vor meiner Haustür sozusagen. Toyosu ist jedoch zu meiner Beruhigung nur in der 6-Plus-Zone und nicht in der Zone 7 (schon interessant, was man so als Beruhigung ansieht).
Im schlimmsten Szenario droht ein Gebiet mit 25 Millionen Einwohnern mit der Stärke 6 oder 7 auf der siebenstufigen japanischen Skala getroffen zu werden. Die japanische Skala unterscheidet sich von der Richter-Skala, in dem sie die Beschleunigung und die Schäden an der Erdoberfläche misst. Die Richter-Skala wird gemeinhin für die Messung der Magnitude im Epizentrum verwendet. Dieses Szenarien oben beruht auf einem Beben der Stärke 7,3 auf der Richterskala.

Besonders gefährdet ist die Region um Tokios Disney-Land, hübsch gekennzeichnet durch den großen, roten Blob in Tokios Osten. 
 
Für diese Karte haben die Wissenschaftler das Epizentrum nach Osten in die Präfektur Chiba verlegt. Merke: Die Erdbebenstärke in Tokio nimmt damit nicht wirklich ab. Übrigens: Ab Stärke 5 fürchtet man sich um sein Leben.
Dort verwüsten die Schwingungen nach den Szenarien auch dann noch die Gegend mit der Stärke 7, wenn das Epizentrum rund 15 Kilometer westlich oder östlich liegen sollte. 
In diesem Fall liegt das Erdbebenzentrum im esten von Japans Zentrum. Die Zone 7 bleibt ungefähr da, wo das Disney-Land ist.
Die Region erlitt bereits nach dem Beben vor einem Jahr schwere Schäden. Tausende von Häuser und Autos versanken teilweise, als sich der Boden durch die Erdbebenwellen verflüssigte. 
In meiner Region droht wie im Rest des Stadtgebiets, Kawasaki und Teilen Yokohamas die Stärke 6 plus. Das heißt, dass Menschen nicht mehr stehen und sich nur noch krabbelnd vorwärts bewegen können, Möbel durch die Zimmer fliegen und selbst erdbebensicheren Häusern schwere Schäden drohen. 
Geradezu gemütlich nimmt sich das amtliche Planspiel Nummer 4 aus: 
In dem Fall droht in Toyosu und dem Rest des östlichen Stadtzentrums "nur" eine 6-schwach. 

Aber es hat ja wenig Sinn, sich allzu sehr zu sorgen. Die Spannungen in den Platten können sich auch stärker oder schwächer und vor allem anderswo als berechnet entladen. 
Zum Beispiel könnte es ein Beben der Stärke 8 vor der Boso-Halbinsel geben (die große Halbinsel, die das östliche Ufer der Bucht von Tokio bildet). Ein ebenso starkes wird westlich der Izu-Halbinsel (der Halbinsel am linken, unteren Rand) erwartet.

Mittwoch, 18. Januar 2012

Der Handy-Zensus

In meiner wöchentlichen Kolumne auf Technology Review geht es diesen Donnerstag um ein interessantes Volkszählungsprojekt von Japans Handynetzriesen NTT Docomo. Der Konzern testet ein Verfahren, Handy-Positionsdaten zu nutzen, um eine Art Echtzeit-Zensus der japanischen Bevölkerung aufzustellen. Dazu werden einmal stündlich alle Docomo-Handys um eine Basisstation erfasst. Das Ergebnis sind interessante Karten über die Verteilung der Bevölkerung über 24 Stunden.
Auf den Screenshots kann man wunderbar die hohe Bevölkerungskonzentration in Japans Metropolen erkennen, die am frühen Nachmittag geradezu absurde Spitzen erreicht. Quelle ist in allen Fällen NTT Docomo.

Japan um sechs Uhr morgens. Merke, dass die Bevölke-rungsver-teilung die Topographie quasi als Negativ wider-spiegelt. Japan ist extrem bergig. Und in den Bergen leben kaum Menschen. Die konzen-trieren sich in den Ebenen der Küste, von rechts nach links: Tokio, Nagoya, Osaka-Kioto-Kobe-Region und auf Kyushu die Stadt Fukuoka.

 Nun nochmal die gleiche Karte um 15 Uhr. Ein Blick auf diese Karte alleine zeigt, warum die Welt ein starkes Erdbeben unter Tokio fürchten sollte. Das ökono-mische Leben des Landes ist hier konzentriert.
Und weils so schön war, hier das ganze noch mal aus der Nähe für Tokio. Nachts zieht sich die arbeits-tätige Bevölkerung in die Vorstädte zurück, ...
 ... um sich tagsüber in der Innen-stadt zu konzen-trieren.
Bei einem Erdbeben in Tokio würden laut Docomos Zensus rund 4 Millionen Pendler in der Hauptstadt stranden und müssten versorgt werden.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Die Sonne vor Fukushima

Der vorweihnachtliche Blogbeitrag auf Technology Review widmet sich an diesem Donnerstag einem ganz persönlichen Geschenkwunsch: ein Interview mit meinem Namensvetter in unserer beider Geburtsstadt Bremen, mit Martin Kölling, Geochemiker vom Marum in Bremen (rechts). 
Neben unserem persönlichen Treffen gab es einen weiteren Höhepunkt: die Führung durch das Bohrkernlager
Und hier besonders der Bohrkern 1049 B aus dem Jahr 1997 aus dem Golf von Mexiko, der einen perfekten Längsschnitt durch die Kreide/Tertiär-Grenze zeigt.
Ein Meteoriteneinschlag in der mexikanischen Halbinsel Yucatán soll diese gelbliche Schicht und das Sauriersterben verursacht haben. Die Schicht unterbricht das Grau der normalen Sedimente recht dramatisch. In den alten Sedimenten (am rechten Bildrand) sind sogar noch Spuren der Kompression und der Tsunamis zu erkennen, die die Meere und Sedimente nach dem Einschlag umgepflügt haben.
In dieser Röhre steckt der Kern. 


Und der Herr der Kerne ist Alex Wülbers. Er sortiert tausende dieser zur Hälfte aufgeschnittenen und eingepackten Sedimentproben seit Jahren und sorgt dafür, dass Bohrkern 1049B nicht zu einfach zu finden ist. An diesem Vorweihnacht-Dienstag musste er ihn schon einmal zeigen.
Da der Kern so beliebt ist, sollte er vielleicht wie eine Reliquie eingeschreint und im Foyer des Marum aufgestellt werden. Nicht nur Ozeanographen und Dino-Fans dürften für einen steten Pilgerstrom sorgen. Besonders in einem Zeitalter, in dem mal wieder auf den Weltuntergang gewartet wird, könnte der Bohrkern zu einem Symbol der Hoffnung werden: Schlimmer geht's immer, aber es ist nicht das Ende der Welt (wie das Dasein des Homo Sapiens beweist).

Das Marum ist übrigens eine von weltweit drei Lagerstätten für Bohrkerne des Integrated Ocean Drilling Program. Die anderen zwei sind im japanischen Kochi und in Texas/USA wie die selbstgemachten Weltuhren der Forscher im Marum zeigen.

Ein Clou auf dem kommenden Einsatz des Forschungsschiffs Sonne vor der Küste Fukushima ist dieser ferngelenkte Tauchroboter namens Quest. Am 8. März beginnt die Mission in Yokohama. Das Forschungsschiff kreuzt ohnehin gewöhnlich durch asiatische Gewässer.

Ein anderer Hauptakteur wird dieser gelbe Torpedo, das AUV. Es wird autonom über den Meeresgrund surren und die Topographie weit genauer erfassen als es von einem Schiff möglich wäre.

Mittwoch, 21. April 2010

Versuchskaninchen für die Aschewolken

Ich habe voraussichtlich am just angebrochenen Mittwoch eine ganz besondere Ehre. Wenn nichts dazwischen kommt, werde ich einer der ersten Passagiere sein, der nach dem Vulkanausbruch von Japan nach Westeuropa fliegt. Bisher kamen nur ein paar Flüge von Rom und Moskau durch. Die Drehkreuze Frankfurt, London, Paris und Amsterdam wurden nicht angeflogen.
Ehrlich gesagt, ein bisschen fühle ich mich dabei wie ein Versuchskaninchen. Natürlich habe ich hier die Auseinandersetzung mitverfolgt. Ist das Fliegen nun sicher, vor allem, in welcher Höhe ... . Auf Sicht fliegen - unter 8000 Metern - das ist ja anscheinend kein Problem. Nur fliegen die Langstreckenmaschinen gemeinhin Höher. Und meine Flugbahn nach Amsterdam führt mich generell über Finnland, die Ostsee und Norddeutschland. Ich bin mal gespannt, ob der Kapitän Route, Flughöhe und Zeitplan einhalten kann und ich meinen Anschluss nach Spanien erwische.
Und für den möglichen GAU hoffe ich, dass wir einen eben so coolen Piloten wie Eric Moody haben. Seinem Jumbo versagten 1982 bei einem Flug durch in eine Aschewolke für einige Zeit alle vier Triebwerk. Seine folgendermaßen überlieferte Ansage genießt Kultstatus.
Ladies and gentlemen, this is your captain speaking. We have a small problem. All four engines have stopped. We are doing our damnedest to get them under control. I trust you are not in too much distress.
* * *  Important UPDATE  * * *
Der Flug hob ab, ich blieb am Boden. 
Die Veranstaltung wurde in letzte Minute abgesagt, offenbar aus Sorge, dass die Gäste vulkanbedingt Schwierigkeiten bei a) der Anreise, b) der Abreise haben könnten. In gewisser Weise verständlich, denn besonders bei Langstreckenflügen ist die Wahl alternativer Reisemittel naturgemäß beschränkt. Und irgendwo festzusitzen ist nicht jedermanns Sache. Schade ist es trotzdem, eine Geschichte weniger, die der Reisende erzählen kann.

Montag, 19. April 2010

Vulkan-Eruption: Alles Asche, wenn der Fuji ausbricht

Es ist eine globalisierte Welt: Die Naturgewalten in Island treffen auch Japan hart. Langsam werden die aus Europa importierten weißen Rosen knapp, die so unentbehrlich für Hochzeiten sind. 


Aber mal ein bisschen mehr im Ernst: Nach dem isländischen Beispiel sollte der Welt angst und bange vor einem Vulkanausbruch in Japan werden. Ich hoffe bete jedenfalls seit Jahren, dass ich keinen Ausbruch des Fuji erleben werde. 


Japans Nationalberg sieht zwar malerisch am Horizont aus, aber sollte er mal Feuer spucken, dürfte sein Ascheregen noch weit größeren wirtschaftlichen Fall-out nach sich ziehen als die Flugverbote in Europa. Tagelanger Stein- und Ascheregen auf den Großraum Tokio mit seinen 36 Millionen Einwohnern droht jedenfalls ähnlich große Schäden zu verursachen wie ein Megabeben. 


Der nationale und internationale Flugverkehr bräche für Tage, wenn nicht Wochen zusammen, doch ebenso der Bahn- und Autoverkehr auf den Lebensadern des Landes, und damit die Versorgung der Metropole. Die Asche dürfte auch die Basisstationen des Mobiltelefonnetzes außer Gefecht setzen. Und wer weiss, was mit der Strom- und Wasserversorgung passieren würde. Wenigstens blieben die meisten Häuser stehen.