Die führenden US-Fluggesellschaften American und Delta haben sich in einen Bieterkampf um die angeschlagene Japan Airlines (JAL) gestürzt. Nachdem Delta der in Kapitalnot geratenen JAL vergangene Woche angeboten hatte, bis zu 50 Mrd. Yen (380 Mio. Euro) für eine Beteiligung an dem Konzern zu investieren, meldete am Wochenende auch American Interesse an.
Mit dem Gegenangebot will die zweitgrößte Fluglinie der Welt verhindern, dass der Allianzpartner JAL aus dem gemeinsamen Luftverkehrsbündnis Oneworld ausschert und in den Skyteam-Verbund des Rivalen Delta wechselt. Das wäre bereits die zweite Niederlage in kurzer Zeit. Denn im vergangenen Jahr hatte Delta den US-Konkurrenten Northwest geschluckt und war damit zur größten Fluggesellschaft der Welt aufgestiegen.
JAL ist mit seinem dichten Flugnetz im Wachstumsmarkt Asien von großem Interesse für die Amerikaner, deren Luftfahrtverbünde mit der von der Lufthansa geführten Star Alliance konkurrieren. In Ostasien hat die Star Alliance mit JALs Rivalen All Nippon Airways (ANA) einen starken Partner. Zur Oneworld-Allianz gehört auch British Airways, während Skyteam von Air France-KLM angeführt wird.
Der Einstieg von Ausländern beim einstigen Kronjuwel Japans wird durch die tief greifende Krise des Konzerns möglich. Denn nach dem offensichtlichen Scheitern des inzwischen ins vierte Jahr gehenden Sanierungsplans hat die Regierung die Geduld mit dem Management verloren und akzeptiert inzwischen auch ausländische Investoren zur Rettung des Traditionsunternehmens.
Nachdem die Fluglinie 2007 kurz in die Gewinnzone zurückgeflogen war, sackte sie 2008 wieder mit 63,2 Mrd. Yen in die Verlustzone. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (bis Ende März 2010) schwollen die Verluste bereits auf 99 Mrd. Yen an. Wegen der erneuten Probleme gewährte die Regierung JAL im Juni durch ein Konsortium unter der Führung der japanischen Entwicklungsbank eine Kreditlinie von 100 Mrd. Yen. Im Gegenzug übernahm das Transportministerium die Kontrolle über die Sanierung.
Für JAL war das eine schwerwiegende Zensur. Denn einige Mitglieder des Beratungsausschusses des Transportministeriums sprachen offen von der Möglichkeit eines Konkursverfahrens, um dann drastische Einsparungen durchsetzen zu können. Kaum verhohlen hatte dies im Juli bereits der Chef der Tokioter Börse, Atsushi Saito, gefordert. „Falls sich JAL wirklich verbessert, kann das Unternehmen ja schnell wieder auferstehen“, sagte der Manager. Er verwies dabei auf US-Fluglinien, die teilweise schon mehrfach am Rande der Pleite standen und nur durch Gläubigerschutzverfahren gerettet werden konnten – so etwa auch Delta.
Das Ministerium hat JAL bis Ende September Zeit gegeben, seinen kurzfristigen Sanierungsplan nachzubessern und eine Strategie für künftiges Wachstum vorzulegen. Zur Finanzierung benötigt der Konzern weitere 250 Mrd. Yen an frischem Kapital, berichtete am Samstag die Wirtschaftszeitung „Nikkei“. Neben einer Kapitalspritze durch einen neuen Großinvestor bemühe sich JAL bei Banken um Kredite in Höhe von 100 Mrd. Yen. Die gleiche Summe solle durch den Verkauf von Wertpapieren und die Ausgabe neuer Aktien eingespielt werden.
Der Ausgang des Bieterkampfes dürfte vom Ringen zwischen dem Ministerium und dem JAL-Management abhängen. Das Ministerium zieht informierten Personen zufolge Delta vor, das nach dem Kauf von Northwest über mehr transpazifische Flüge als American verfügt. Durch den möglichen Abschluss eines „Open Sky“-Abkommens zwischen Japan und den USA könnten JAL und Delta einfacher bei Flügen kooperieren.
JAL hingegen bevorzugt seinen angestammten Partner American, mit dem die Japaner schon seit Jahren ihre Flüge koordinieren. JAL-Chef Haruka Nishimatsu versucht nun mit ausgefallenen Aktionen, seine Position in der Öffentlichkeit besser zu vermarkten. In eine traditionelle Joppe gewandet, verteilte er zum Beispiel am Freitag mit einigen Angestellten in der japanischen Hauptstadt Flugblätter, um Kunden zu werben.
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