Schimpfen, stoßen, schlagen - Taiwans Parlamentarier haben sich den Ruf erworben, im wahrsten Sinne des Wortes schlagfertige Debattierer zu sein. Immer wieder versuchen Minderheiten mit mehr oder weniger roher Gewalt die Parlamentsarbeit zu blockieren.
Zuletzt bestürmten Abgeordnete der oppositionellen Demokratischen Fortschrittspartei am 18. Januar das Podium, um eine Abstimmung zu verhindern.
Doch mit dieser Haudraufmentalität soll nun Schluss sein, wenn es nach dem Willen des Generalsekretär der regierenden Kuomintang, King Pu-tsung, geht. Er hat voriges Wochenende die Einführung eines parlamentarischen Ordnungshüters vorgeschlagen. Diese Institution sorgt in Großbritannien oder den USA seit Jahrhunderten für gesittete Streitkultur.
King sorgt sich dabei vor allem um den Ruf der jungen Demokratie im Ausland. Denn die Kampfkünste von Taiwans Volksvertretern werden mit schöner Regelmäßigkeit von globalen TV-Sendern wie CNN in aller Welt gezeigt. Besonders ärgerlich ist da die Ausstrahlung in China, wo die kommunistischen Machthaber gern die erste Demokratie auf chinesischem Boden vor ihrem Volk lächerlich machen wollen.
Die Idee hat ein Kenner der USA ausgeheckt, Stephen Chen, derzeit Chef der taiwanischen Abteilung für nationale Sicherheit der Stiftung für nationale Politik. In seiner Zeit als Taiwans Vertreter in den USA hatte ihn offenbar beeindruckt, dass dort sogenannte "Sergeant-at-Arms" sowohl im Kongress wie auch im Senat neben zeremoniellen Aufgaben und dem Schutz der Abgeordneten auch auf die Einhaltung des parlamentarischen Anstands achten: Der Sittenwächter des Senats kann sogar den Präsidenten einkerkern - falls der die Sitzungsetikette verletzt.
Erstmals erwähnt wurde das Amt 1415 im britischen Königreich. Dort heißt der Parlamentspolizist "Serjeant-at-Arms" und kann Unruhestifter aus dem Saal führen. Doch in Großbritannien ist nach Jahrhunderten der Erziehung in demokratischer Streitkultur Nahkampftraining anscheinend nicht mehr notwendig: 2008 wurde mit Jill Pay nicht nur erstmals eine Frau, sondern auch erstmals eine Person ohne polizeiliche oder militärische Ausbildung in dieses Amt berufen.
In Taiwan gibt es allerdings Zweifel, ob ein einzelner Kampfkünstler die Aufgabe erfüllen kann. Während in anderen Ländern meist nur einzelne Parlamentarier aus der Rolle fallen, treten in Taiwans Legislativ-Yuan genannten Parlament die Aufrührer oft gruppenweise an.
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