Montag, 17. August 2009

Der Retro-Raubtierkapitalismus - Die Wiedergeburt der Rikscha und die Wahlen


Retro hat Konjunktur, auch in Japan. Die Fluggesellschaft ANA hat in Tokios Flughafen Haneda einen Rikscha-Dienst eingeführt. Nach dem Einchecken können Passagiere sich von einem Kuli zum Abfluggate ziehen lassen. Allerdings handelt es sich vorerst nur um einen, auf eine Woche beschränkten Werbegag. Die Fahrten werden verlost.
Die Moral von der Geschichte: In Zeiten rasanten Wandels und tiefer Krise sehnen sich die Menschen offenbar nach der guten, alten, ordentlichen Zeit, als die Menschen noch ihren Platz in der Gesellschaft kannten.
Allerdings weckt diese Zeitreise in Japan auch ungute Gefühle. Denn das wachsende Heer von Vertrags- und Zeitarbeiten macht den Japanern Angst, dass wir uns wieder auf die Vergangenheit zu bewegen, eine Zeit, in der Kapitalisten noch Kapitalisten und Kulis noch Kulis waren.
Seit Jahren wird der Zerfall der Mittelschichtsgesellschaft beklagt. Dies kreidet die Bevölkerung vor allem der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) an.
Japans oppositionelle Demokraten versuchen daher, diese Angst vor dem sozialen Abstieg im laufenden Wahlkampf auszuschlachten. In ihrem Wahlprogramm versprechen sie allerlei Maßnahmen zur Sicherung des Lebensstandards, von einer saftigen Erhöhung des Kindergelds über einer Abschaffung der Autobahngebühren bis zu direkten Einkommenszuschüssen für die Bauern.
Das alte politische Schlachtross Shizuka Kamei von der kleinen Neuen Volkspartei, einem der voraussichtlichen Koalitionspartner der Demokraten, sagte heute, dass die Opposition mit diesen Maßnahmen die Auswüchse der neoliberalen Reformpolitik vom legendären Premierminister Junichiro Koizumi korrigieren wolle. Koizumi habe darauf gesetzt, die Starken stärker und die Schwachen schwächer zu machen. "Koizumis Politik hat Japan gatagata (klapprig) und Japans Regionen karakara (ausgetrocknet) gemacht", so Kamei.
Fotoquelle: ANA

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen