Donnerstag, 12. April 2012

Die Ära der Superfilme

Wie jeden Donnerstag ein neuer Blog auf Technology Review. Diesmal setze ich mich ein bisschen mit dem dräuenden flacher Zeitalter auseinander. 

Dünner, dünner, am dünnsten: Oleds ermöglichen flexible Handys und wenige Millimeter dünne TVs. Doch das ist nur der Anfang der Welt der superdünnen Filme: Ein Team aus japanischen und österreicherischen Forschern hat eine Solarzelle entwickelt, die sich um ein menschliches Haar wickeln lässt.

Flüge ins All, immer höhere Wolkenkratzer: Die Menschheit schwelgt im Makro-Rausch. Doch die größten Veränderungen für unseren Alltag versprechen Fortschritte im Mikro- und Nanobereich. Neue Entwicklungen ermöglichen immer dünnere Produkte mit immer größeren Möglichkeiten und Funktionen: eine der für mich interessantesten Neuentwicklungen ist eine hauchdünne Solarzelle, die sich sogar um ein Haar wickeln lässt.

Gerade 1,9 Mikrometer ist die Zelle dick und gleichzeitig hoch effizient (mehr zum Aufbau hier). Statt einem Prozent kann nun ein Drittel der Folienfläche Strom erzeugen. Dies ermöglicht eine Stromproduktion von 10 W pro Gramm. Höchst flexibel ist die Folie zudem. Sie lässt sich um Gegenstände mit einem Durchmesser von 35 Mikrometer, beispielsweise ein menschliches Haar, wickeln. Oder es lässt sich - auf einen elastischen Träger aufgetragen - um bis zu 300 Prozent ausdehnen.

Die organische Solarzelle kann zwar in der Stromausbeute nicht mit ihren Silizium-basierten Verwandten mithalten, sagt das japanisch-österreichische Entwicklerteam aus Forschern der Universität Tokio und der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz. Aber sie hat nicht nur ein besseres Leistungs-/Gewichtsverhältnis, sondern eignet sich auch zum tragbaren Einsatz. Kleidung oder synthetische Haut könnte Strom produzieren, Roboter, Satelliten und andere mobile Elektronik einen (Bruch-)Teil ihrer benötigten Energie selbst erzeugen. „Das grundsätzliche System ist auch für elektrische Schaltkreise anwendbar“, meint Martin Kaltenbrunner vom Institut für Experimentalphysik der JKU. Das macht die Idee natürlich auch für die Industrie sehr interessant.

Ermöglicht wird die neue organische Dünnschicht-Solarzelle durch Fortschritte in der Nano-Karbonnanotechnik. Ein 150 Nanometer dünner, transparenter, leitfähiger Film aus organischem Material, eine 200 Nanometer dicke Schicht aus einem Fulleren-Derivativ als Halbleiter und eine 115 Nanometer dünne Metallelektrode wurden auf einem 1,4 Mikrometer dicken Pet-Film aufgetragen.

Besser dokumentiert stoßen auch Kohlefasern in immer mehr Anwendungsbereiche vor, zum Beispiel den Autobau. BMW will Karossen aus Kohlefasern bauen. Toray, der größte Produzent von dieser Fasern plant seine Produktion bis 2015 um 50 Prozent auszubauen, um seinen Vorsprung vor den Rivalen Mitsubishi Rayon, Teijin oder SGL aus Deutschland zu halten. Doch auch Polyester-Fasern magern weiter ab. Teijin wird dieses Jahr 400 Nanometer dünne Fasern herstellen können und hat im Labor bereits die Technik für 280 Nanometer dünne Fädchen parat. Damit lassen sich Filter in Klimaanlagen noch weiter verbessern.

Auch andere Produkte werden durch neue Techniken immer dünner. Am spannendsten bei Fernsehern sind organischen Leuchtdioden (Oleds). Samsung und LG wollen dieses Jahr die ersten großen Oled-TVs auf den Markt bringen. Die sind noch vier Millimeter dick. Doch spätestens in ein paar Jahren, wenn sie erst mal mit Rollendruck auf Film gebracht werden können, werden sie in Massenproduktion so dünn und flexibel wie eine Plastikfolie sein. Wie die Welt dann aussehen könnte, zeigt Samsung in diesem Video oder in diesem. Die Tablet-PC-Idee besteht nur einer durchsichtigen Folie, die sich falten und biegen lässt. 

Dienstag, 10. April 2012

Die Serpentinen-Rolltreppe

Rolltreppen laufen gerne gerade aus. Nur selten fällt eine aus diesem Trott. Diese hier in der Mall am Landmark Tower in Yokohama ...


... tut es allerdings ganz offensichtlich. Sie fährt um die Kurve.


Nein, eigentlich fährt sie im Kreis. Auf der einen Seite geht es runter, auf der anderen wieder rauf. Das muss sie tun, denn wie sollen denn sonst die Rolltreppenblöcke bewegt werden? Eine normale Rolltreppe ist wie eine Raupenkette: Auf der oberen Seite geht es hoch, unten zurück. Nur geht das wegen der Form der Stufen natürlich bei einer kurvigen Rolltreppe nicht. Also fährt sie Karussel.

Montag, 9. April 2012

Kirschblüten und Morgentanz

Kirschblüten überall - an diesem Wochenende gab es das fast perfekte Hanami.

Die Sonne schien, die Blüten knallten aus. Allerdings war es ein bisschen kühl. Dies ist eine an der Gedenkhalle für das Kanto-Erdbeben in Ryogoku im Sonnenaufgang um 6:30 Uhr.

Hier ist die Halle im Blütenkranz.

Besonders hübsch ist die Pagode. Die hat man wohl aufgebaut, um den Göttern zu zeigen, dass die Menschen die Hoffnung nicht aufgeben und Häuser auch dann noch in die Höhe bauen, wenn Erdbeben sie wieder einzureißen drohen. Frei nach Luther: Und wenn ich wüsste, dass morgen ein Mega-Erdbeben kommt, würde ich heute noch ein Hochhaus bauen.

Die Pagode.

Um 6:30 Uhr wurde die Glocke geschlagen.

Und auf dem Vorplatz machten die Rentner ihre Morgengymnastik zu plärrender Musik.

Dächer in der Frühjahrssonne.

Es ist erstaunlich wie ruhig eine Megametropole sein kann - im Sonnenaufgang.

Und hier die Hanami-Party in Ueno. 500000 Menschen sollen dort gefeiert haben.

Die Menschenmassen haben deutliche Spuren hinterlassen.

Noch ein paar Hanami-Bilder.

 Menschenmassen überall.

Vor dem Ueno Park gab es eine Begegnung der dritten Art: Dieser umgebaute VW-Bus dient heute als Whisky-Zapfsäule. Hier gibt es Whisky Highball.

Donnerstag, 5. April 2012

Stromsparen im Stadtviertel

Die atomstromfreien Sommermonate stehen vor der Tür. Da geht auch mein Stadtteil mit gutem Stromsparbeispiel voran.

Die Lampen in den Straßenlaternen wurden gegen LED-Lampen ausgetauscht. Und damit wir das auch merken, teilt die Stadtverwaltung uns das auch über hübsche Schilder an den Laternenpfählen mit.

Als Stromsparmaßnahme für die atomstromfreie Zeit ist das ganze zwar reichlich sinnlos. Denn um Stromausfälle zu vermeiden, muss die Spitzenlast gesenkt werden. Und die fällt in Japan zwischen 14 und 15 Uhr. Selbst in Japan brennen zu jener Zeit keine Straßenlaternen. 

Es muss also ein anderes Ziel geben. Und mir leuchtet auch eines ein: Die Regierung will uns damit animieren, ihrem guten Beispiel zu folgen - und durch LED-Lampenkäufe der darbenden japanischen Elektronikindustrie zu mehr Umsatz zu verhelfen.

Doch ökologisch ist die wahrscheinlich nur sinnvoll, wenn man alte Glühbirnen ersetzt. Im Vergleich zu normalen Stromsparlampen sind die LEDs nicht so dramatisch effizienter.

Die Sakura-Lampe - Hightech für besseres Einschlafen

Mein donnerstäglicher Blog auf Technology Review handelt von der ersten High-tech-LED-Deckenleuchte mit rosa Licht. 

Die Sakura-Lampe

In Japan beginnt die Kirschblütensaison. Die Bäume werden in fluffiges Rosa getaucht und ganz Japan versinkt in friedlicher Partystimmung. Wer will, kann sich das rosarote Lebensgefühl dank hightech „Sakura-Lampe“ in die Wohnung holen – „wissenschaftlich“ farbtherapeutisch getestet.


In meiner Heimatstadt Bremen ist der Freimarkt die fünfte Jahreszeit, in Japan ist es die Kirschblütesaison. „Hanami“, Kirschblüten schauen, steht dieses Wochenende auf dem Programm. Die Menschen werden in die Parks strömen und unter rosa Blütenbäuschen der Sakura-Bäume mit Hilfe von reichlich Sake und Bier das harte Leben kurz durch eine rosarote Brille sehen. Und in ein paar Tagen ist alles vorbei. Bisher. Doch das ändert sich dank dem Erfindungsreichtum der japanischen Elektronikindustrie. Der Konzern Sharp hat passend zur Saison eine LED-Deckenleuchte auf den Markt gebracht, mit der wir uns das rosafarbene Lebensgefühl tagtäglich in unser Heim holen können.

Die „sakura-farbene LED-Leuchte“ ist dem Konzern sogar so wichtig, dass sie als ersten Produkt auf seiner Homepage präsentiert wird. Und sie ist ein wirklicher Traum in Rosa wie jeder mit einem Klick auf diesen Link selbst sehen kann. Ihr Nutzer kann nicht nur die Helligkeit dimmen, sondern auch die Lichtfarbe von blauweiß auf sakura-rosa verstellen. Sharp empfiehlt dies für die Abendstunden nach 21 Uhr, oder genauer in der letzten Stunde vor dem Schlafen gehen. Damit verspricht der Konzern, dass die Menschen schneller einschlummern und tiefer schlafen als wenn sie vor dem Schlafen die Räume in Neonlicht tauchen (das in Japan noch immer sehr beliebt ist). Doch es soll auch besser als warmes Licht wirken.

Um das zu belegen, bietet Sharp eine Reihe von Experten auf. Die Farbberaterin Keiko Inada darf erklären, dass rosa am meisten Glücksgefühle auslöst. Sie beruft sich auf ihre Studie über Alzheimer-Patienten und ihre Familien. Sogar eine Koryphäe mobilisiert der Konzern: Osami Kajimoto, Professor an der Städtischen Universität Osaka und Forscher am Forschungsinstitut Soiken. Der Mann wurde durch einen Hirnalterungstest berühmt, auf dem der Videospielhersteller Nintendo eines seiner Lernspiele für die Nintendo DS aufgebaut hat. Er will nachgewiesen haben, dass man mit Sakura-Licht besser ein- und ausschläft.

Mich würde interessieren, ob das gleiche auch für Deutsche zutrifft. Ich könnte mir vorstellen, dass die Unterschiede weit weniger deutlich ausfallen würden. Denn im Unterschied zu Japanern bevorzugen die meisten Menschen in meiner Heimat – wenn ich mich recht erinnere – abends sowieso schon Schummerlicht, während wie schon gesagt viele Japaner sich zu meiner großen Verwunderung freiwillig Neonlicht aus mehr oder meist weniger formschönen Flunderlampen aussetzen, die unter die Decke geschraubt werden. Die LED-Deckenleuchten führen da schon durch ihre Dimm-Funktion eine neue Lichtkultur in das moderne Eigenheim ein. Ob ich es mir anschaffe? Irgendwann kommt auch bei mir so eine LED-Flunder unter die Decke. Nur habe ich mich noch nicht endgültig entschieden, ob ich auf das fluffig-rund oder eckig-cool stehen will. Das Angebot an LED-Lampen und -Leuchten ist einfach Weltspitze in Japan.

Mittwoch, 4. April 2012

Väter und Söhne - kindgerechte Toiletten

Hier eine Neuauflage eines Posts über kinderfreundliche Toiletten. 
Eine der nettesten öffentlichen Toiletten für Kinder und erwachsene gleichermaßen habe ich auf dem Internationalen Flughafen Gimpo in Seoul gefunden.

Besonders nett finde ich das Pissoir.

Hier ist eine kleinräumigere Lösung von meiner Shopping-Mall Lalaport in Toyosu. Über der kleinen Klobrille ist ein Sitz, auf dem Mann Babys absetzen kann.

 Und diese kunterbunte kindgerechte Toilette habe ich in Yokohama gefunden.

Dienstag, 3. April 2012

Schwarzbrot-Sushi für Deutsche

Die Tokioter Präfekturregierung ist sehr bemüht, den Tourismus zu fördern. Nun hat sie eine Seite online gestellt, die Restaurant-Besitzern die Nationalpsyche ausländischer Gäste und ausländische Gäste in die Geheimnisse japanischer Küche einführt (und einige Restaurants aufführt). 



Der Restaurantbesitzer lernt dort zum Beispiel, dass Chinesen eine 4000-jährige Geschichte haben, daher sehr stolz auf ihr Land sind und Büffet-Kurse mögen. Briten mögen's gerne authentisch japanisch. Und die Deutschen sind fleißig und pünktlich wie Japaner und stehen auf Schwarzbrot und Bio. Wenn man ihnen biologisch angebaute Lebensmittel anbieten kann, ist das ein Plus, besagt der Ausländererklärer.

Es gibt auch eine Seite für religions- und gesinnungsgeleitete Essgewohnheiten von  Moslems, Hindus, Christen und Vegetariern. Unerklärt und ungeklärt ist allerdings die Verwendung von Dashi, der klaren japanischen Suppe, die für Miso-Suppe und oft auch zum Garen von Gemüse verwendet wird. Dashi wird in Japan mit Fisch hergestellt. Und kaum ein japanischer Koch wird sich etwas böses dabei denken, die einem Vegatarier vorzusetzen.

Wie gesagt, auch für Touristen bietet die Seite Informationen, wenn die Touristen denn japanisch können! Denn auf der Startseite ist der Link zu den Ausländer-Seiten sinnigerweise nur auf japanisch verfasst. Wenn ein Sprachunkundiger dennoch durch irgendeinen Zufall oder durch diesen Link auf die Ausländerseite stößt, findet er eine Reihe durchaus interessanter Informationen auf Japanisch, Englisch, Koreanisch, Chinesisch, Französisch und Deutsch

Neben einer Anleitung zum Sushi-Essen (nicht mit Messer und Gabel, nicht mit Stäbchen aufspießen) gibt es auch ein Online-Magazin und nach Regionen geordnet die Adressen von Restaurants mit englisch-sprachigen Speisekarten. Keine großartige Auswahl, aber ein Anfang für weniger Wagemutige und Experimentierfreudige.

Na dann, guten Appetit.