Mittwoch, 21. Dezember 2011

Die Sonne vor Fukushima

Der vorweihnachtliche Blogbeitrag auf Technology Review widmet sich an diesem Donnerstag einem ganz persönlichen Geschenkwunsch: ein Interview mit meinem Namensvetter in unserer beider Geburtsstadt Bremen, mit Martin Kölling, Geochemiker vom Marum in Bremen (rechts). 
Neben unserem persönlichen Treffen gab es einen weiteren Höhepunkt: die Führung durch das Bohrkernlager
Und hier besonders der Bohrkern 1049 B aus dem Jahr 1997 aus dem Golf von Mexiko, der einen perfekten Längsschnitt durch die Kreide/Tertiär-Grenze zeigt.
Ein Meteoriteneinschlag in der mexikanischen Halbinsel Yucatán soll diese gelbliche Schicht und das Sauriersterben verursacht haben. Die Schicht unterbricht das Grau der normalen Sedimente recht dramatisch. In den alten Sedimenten (am rechten Bildrand) sind sogar noch Spuren der Kompression und der Tsunamis zu erkennen, die die Meere und Sedimente nach dem Einschlag umgepflügt haben.
In dieser Röhre steckt der Kern. 


Und der Herr der Kerne ist Alex Wülbers. Er sortiert tausende dieser zur Hälfte aufgeschnittenen und eingepackten Sedimentproben seit Jahren und sorgt dafür, dass Bohrkern 1049B nicht zu einfach zu finden ist. An diesem Vorweihnacht-Dienstag musste er ihn schon einmal zeigen.
Da der Kern so beliebt ist, sollte er vielleicht wie eine Reliquie eingeschreint und im Foyer des Marum aufgestellt werden. Nicht nur Ozeanographen und Dino-Fans dürften für einen steten Pilgerstrom sorgen. Besonders in einem Zeitalter, in dem mal wieder auf den Weltuntergang gewartet wird, könnte der Bohrkern zu einem Symbol der Hoffnung werden: Schlimmer geht's immer, aber es ist nicht das Ende der Welt (wie das Dasein des Homo Sapiens beweist).

Das Marum ist übrigens eine von weltweit drei Lagerstätten für Bohrkerne des Integrated Ocean Drilling Program. Die anderen zwei sind im japanischen Kochi und in Texas/USA wie die selbstgemachten Weltuhren der Forscher im Marum zeigen.

Ein Clou auf dem kommenden Einsatz des Forschungsschiffs Sonne vor der Küste Fukushima ist dieser ferngelenkte Tauchroboter namens Quest. Am 8. März beginnt die Mission in Yokohama. Das Forschungsschiff kreuzt ohnehin gewöhnlich durch asiatische Gewässer.

Ein anderer Hauptakteur wird dieser gelbe Torpedo, das AUV. Es wird autonom über den Meeresgrund surren und die Topographie weit genauer erfassen als es von einem Schiff möglich wäre.

Sonntag, 11. Dezember 2011

Die neue Kamera-Gestalt

Diese Woche am Donnerstag im Technology Review-Blog: Gebt uns endlich eine neue Kameragestalt.
Ist es nicht frustrierend, dass Digitalkameras trotz all dem technischen Fortschritt immer noch aussehen wie anaolge Kameras? Alle Versuche, radikal neue Formen zum Megahit auszubauen, sind fehl geschlagen. 

Wie Sanyos pistolengriffförmige Kamera, die jetzt nach Sanyo Kauf von Panasonic vertrieben wird.
Die sieht zwar aus wie ein gute Idee, ist aber meiner Erfahrung nach ergonomisch suboptimal. 

Denn der Auslöser muss mit dem Daumen bedient werden. Dadurch kommt es leicht zu einer Nickbewegung der Kamera, die noch dadurch verstärkt wird, dass der Daumen - weil er ja zudrücken muss - nicht den Griff umgreifen kann. Dadurch destabilisiert sich die Kamerahaltung noch.

Gut verkaufen sich Kameras in Spiegelreflex- oder Leica-Gestalt wie Panasonics Lumix G3, die GX1 oder wahrscheinlich Sonys kommende NEX-7, die ich für "Die Welt" getestet habe.

Doch endlich habe ich etwas gefunden, das mich begeistert. Und wieder gibt es einen Haken: Eine tolle Fodeokamera, die die Ansprüche von Foto- und Videografen ergonmisch gelungen vereinigt, gibt es in ihrer perfekten Form bislang nur in den Hirnen der Ingenieure vom Digitalkamera-Pionier Casio.

Das Unternehmen hat dieses Jahr die TR100 auf den Markt gebracht. Die Gestalt ist schon mal so ähnlich wie die Ingenieure es sich erträumt haben. 

Die Kamera besteht aus einem Bügel und einem schwenkbaren Objektivteil, an dem ein drehbarer Touchscreen angebracht ist. 

Die Kamera kann damit wie eine gewöhnliche Fotokamera, ein Smartphone oder mit 90 Grad zur Seite geklappten Bügel wie eine Videokamera gehalten werden. 
Man kann sie auch auf den Tisch stellen, in der Brusttasche festklippen oder an den Baum hängen. Nur leider mussten die Ingenieure die eigentliche Revolution der Kamerabedienung aus Kostengründen verkneifen, so dass die Bedienung der Kamera – gelinde gesagt – suboptimal ist. Aber ihre Idee ist brillant: 

In ihrem Konzeptmodell war nicht nur der Bildschirm berührungsempfindlich, sondern auch der Rahmen. Egal wie man die Kamera hält, soll man durch ein Fingertippen auf den Rahmen die Kamera auslösen können, durch Fingersstreichen lässt sich zoomen. Und wenn der Rahmen in Videoposition ist und die Hand ihn wie einen Camcorder hält, kann man die Aufnahme durch ein leichtes Zusammendrücken der Hand starten und stoppen. Das hat mich überzeugt.

Und so ist das Design entstanden.
Sie haben die klassische Digitalkamera zerlegt und neu zusammengedacht.

Es wurde ein wenig experimentiert und fertig war das Konzept (siehe hier drunter).
Leider waren die Form und vor allem die Technik (der berührungsempfindliche Rahmen) nicht kostengünstig genug zu produzieren.

Und so wurde sie für die Massenproduktion vereinfacht. Und statt des berührungsempfindlichen Rahmens gab es eine kleine Leiste, die als Auslöser dient und leider gar nicht einfach zu bedienen ist.

Dienstag, 6. Dezember 2011

In eigener Sache: Von der FTD zum Handelsblatt

Liebe Leser,

auf Wiedersehen und guten Tag: Zum 1.1.2012 werde ich nach zehneinhalb Jahren von der FTD zum Handelsblatt wechseln. Eine neue Herausforderung, aber mein Standort bleibt gleich: Tokio. Ich werde dem bisherigen Korrespondenten Jan Keuchel nachfolgen, der nach Deutschland zurückkehren wird. Weitere Berichte aus Ostasien werden also folgen, besonders aus dem Bereich Technik und Wissenschaft. 

Viele Grüße,
Martin Kölling

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Tokyo Motor Show 2011: Doki-doki, waku-waku

In meinem donnerstäglichem Blog auf Technology Review dreht sich heute alles um Autos. Es geht um die Tokyo Motor Show, die dieses Jahr zum ersten Mal in Tokyo Big Sight stattfindet.
Der heimliche Star der Messe war für mich Toyota. 
Konzernchef Akio Toyoda hofft auf eine Wiedergeburt des Konzerns. Das neue, gänzlich untoyotanische Motto gab er am Montag aus: Autos müssten emotional sein. Wenn's nicht Spaß macht, ist's kein Auto.

Das erste Modell mit seiner DNA ist der GT 86, ein Sportwagen zum Golfpreis (vermutlich).
Der Lexus GS ist sein zweiter Wurf. Toyoda hat die Ingenieure zurück ans Reissbrett geschickt, weil ihm der erste Entwuft zu bieder fuhr.

 Interessant Mitsubishi Mini-eLasterchen, der sich auch als Stromquelle für die Band und andere Dinge nutzen lässt.
Der orange Kasten ist eine externe Batterie, ein Produkt des Erdbebens vom März diesen Jahres.

Auch sehr hübsch sind Suzukis Gedankenspiele. 
 Zweisitzer mit vier Rädern, ...
 Viersitzer mit vier Rädern,
Einsitzer mit zwei Rädern (Strombetrieben),
und hier noch mal größer mit Brennsstoffzelle.

Daimlers Truck-Tochter Mitsubishi Fuso stellte einen LKW mit Elektroantrieb vor.
 Nissan machte neben dem Pivo 3, den ich im Artikel erwähne, auf sportlich (Vordergrund) und häuslich (Hintergrund). Die Wabe auf Stelzen erfüllt japanische Bauvorschriften und kann jederzeit in Serie gehen.
Ansehnlich: Mazda.
Zweirädrig: Honda.

Mittwoch, 16. November 2011

Roboter in der Schwangerschaft

Im donnerstäglichen Blog auf Technology Review berichte ich von der internationalen Robotermesse (Irex), die vorige Woche in Tokio stattgefunden hat.

Zwei Trends meine ich erkannt zu haben:
1. Die Roboter werden vielleicht aus Regionen vorstoßen, von denen wir es nicht erwarten. Denn die Menschen finden immer wieder Anwendungen selbst für Industrieroboter, an die die Entwickler gar nicht gedacht haben.

Kukas Leichtbauroboter beispielweise wird in den USA bei Ultraschalluntersuchungen von Schwangeren erprobt. Kann ich mir durchaus vorstellen: Er sieht recht "kawaiiiiii" (süüüüß) aus und ist enorm empfindlich.

2. Kleine Roboter schicken sich an, mittelständische Fabriken zu erobern wie das folgende Video zeigt.

Der Humanoide von Kawada Industrial kann mit Menschen zusammenarbeiten und sich auch selbst die Hand (also sein Werkzeug) auswechseln.
Hübsch auch die Idee des Autozulieferer Denso, den Roboter als Bereicherung für Spielzeugautorennbahn einzusetzen.

Etwas ganz anderes ungemein praktisches - wenn man denn bettlägerig ist: der Telepräsenz-Roboter von Orylab.

Mit dem kann ein Nutzer sozusagen huckepack mit seinen Freunden überall hinreisen, mitschauen und mitreden.
Wer will, kann auch ein verkleinertes Abbild seiner selbst über den Roboterkopf streifen. Dies ist das Selbstportrait des Entwicklers Kentaro Yoshifuji. Das ist wirkliche Produktpersonalisierung.

Mittwoch, 2. November 2011

Zeitenwende in Japans Roboterindustrie

Diese Woche serviere ich auf Technology Review die ersten wirklich kommerziellen "Partnerroboter" von Toyota. Sie sind auf puren Nutzwert getrimmt und sollen ab 2013 auf den Markt kommen.
Was dieser Roboter macht, wird weiter unten in einem Zeitraffer vorgestellt.


Professor Keiichi Saito von der Fujita Gesundheitsuniversität stellt die ersten wirklichen Roboter, die Menschen in freier Wildbahn helfen, vor. Ja, wo ist er denn, der Roboter?
Gefunden? Es ist an Saitos rechtem Bein befestigt: Es handelt sich um einen Geh-Assistenten für Menschen mit einem gelähmten Bein, der konventionelle Knieschienen ersetzen soll. Saito ist selbst gelähmt und hat daher Toyota nur zu gerne bei der Entwicklung der neuen Roboter geholfen. 


Hier kann man das Teil ein bisschen genauer sehen. 
Das kleine Kastchen beherbergt einen Sensor, der den Winkel von Bein, Knie und Unterschenkel misst, daraus die Intention des Trägers berechnet, woraufhin der 50-Watt-Motor im größeren Kästchen den Unterschenkel nach vorne kickt. Gewichtssensoren in der Sohle melden den Bodenkontakt zurück. Ein Akku auf dem Rücken speist das System mit Energie. 


Toyota hat die Technik mit Absicht simpel gehalten. Bis zur Markteinführung soll das System allerdings noch deutlich geschrumpft werden. Die Batterie soll dann am Gürtel Platz finden. 
Aber funktional ist das Gerät ausentwickelt. Mit dem Roboter kann Saito nun Schrägen und Treppen weitaus leichter entlanghumpeln als mit der konventionellen Beinschiene, die er bislang benutzen musste. Auf der Treppe muss er nicht einmal das Geländer anfassen.


Und nun noch die Auflösung des Rätsels vom Anfang: Es handelt sich um einen Transporthelfer für bettlägerige und schwer gelähmte Patienten, mit dem nun eine Pflegerin die Arbeit von zweien erledigen kann.
Nach Aussagen des Pflegepersonals, das dies Gerät derzeit testet, kommt der maschinelle Helfer auch bei den Patienten gut an. Denn durch die Technik belasten sie das Pflegepersonal nicht mehr stark und wahren vor allem ein bisschen Privatsphäre und Würde.

Mittwoch, 26. Oktober 2011

FPD 2011: Display für die Leselupe


Japans Flat Panel Display Show in Yokohama erlaubt mal wieder einen Blick in die Flüssigkristallkugel. Und die Zukunft sieht superscharf und durchsichtig aus, schreibe ich in meinem donnerstäglichen Blog auf Technology Review. Interessant aus deutscher Sicht: Schott greift das ultraharte Gorilla-Glas an.

Hier mal ein echter Scharfmacher von Toshiba, das Display mit der derzeit höchsten Auflösung am Markt. 
Es trumpft mit 498 ppi auf. Apples iPhone4S hat "nur" 326 ppi. Das übersetzt sich in 2560 mal 1600 Pixel auf 15 Zentimetern Bilddiagonale. Die Schärfe ist schlichtweg unglaublich: Zum Entziffern der kleinsten Schriftzeichen hätte ich schon eine Lupe gebraucht. 

Den Schönheitswettbewerb gewinnen hingegen für mich die durchsichtigen Displays. 
Hier der durchsichtige 65-Zoll-Touchscreen von AUO aus Taiwan, der die Kühlschranktür zu einem interaktiven Info-Display aufwertet. Klasse, aber wohl noch etwas zu teuer für den Masseneinsatz.

Dünner wird's natürlich auch.
Angesichts dieser Bilder scheint das Display zum Aufkleben an die Wand wirklich nicht mehr weit entfernt. Aber wie wäre es mit einem Display zum Aufstreichen?

Mein Zukunftspreis geht an Samsungs E-Farbtintendisplay. Es soll zuerst in eBook-Readern eingesetzt werden, verbraucht so wenig Strom wie ein eBook-Reader mit eInk, kann aber auch Videos darstellen.
Bei dem Hallenlicht sehen die Farben zwar etwas matschig aus. Aber bei Sonnenlicht sticht es LCDs aus (die sind im grellen Licht kaum noch abzulesen). Samsung denkt auch darüber nach, die Farbtintendisplays in Handys und Tablets einzusetzen.

Einige Nettigkeiten am Rande: Zuerst Designer-Brillen für 3D-Fernseher. 

Bei den Dingern können die Beschwerden über klobige 3D-TV-Brillen aber wirklich wegfallen. 
Ansonsten zieht 3D noch immer Menschen an. 

Und hier noch ein bisschen was für die geplagte Öko-Seele: ein extrem sparsames Display.
Das 13,3-Zoll-Display von Chimei Innolux aus Taiwan senkt den Stromverbrauch um zwei Drittel auf unter 1 W.
Oder hier das flexible eTinten-Display für Sonnenbader.
Es hat Solarzellen auf der Rückseite. Keine schlechte Idee.

Der eTintensteller eInk hat einige nette Ideen parat.
Ein Farbtintendisplay für Outdoor-Fans, wasserdicht, stoßfest und inklusive GPS. Leider nur ein Prototyp. 
Oder wie wär es mit einem Kompass (oder einem Tacho) im Snowboard.
Die Uhr am Handgelenk kann natürlich auch mit einem eInk-Display versehen sein.


Hier noch ein Wahnsinn aus der Produktionstechnik. Die Glashersteller reden schon von Gläsern der 11. Generation.
Dieser Größenvergleich verbildlicht mal, was die dürren Zahlen in der Realität bedeuten.

Und zum Schluss noch der deutsche Spezialglashersteller Schott beim Gruppenbild mit Dame. 
Während Ultrahart-Glasrivale Corning sein Glas werbewirksam Gorilla-Glas genannt hat, versucht es Schott mit Sex-Appeal. Xensation heißt Schotts Hartglasmarke. 


Donnerstag, 13. Oktober 2011

Roboter fürs Pflegeheim

Auf meinem donnerstäglichem Blog auf Technology Review schreibe ich über den Vorstoß der Roboter in unseren Alltag - auf dem Umweg über das Pflegeheim.
Der Artikel basiert auf einem Besuch der Pflegemesse in Tokio vorige Woche. Die Messe ist riesig - und in Teilen witzig.

Doch es geht auch ernsthafter.

Dies ist eine aufblasbare mobile Badewanne inklusive Sitz. Vielleicht ist sie für Evakuierungszentren entwickelt worden.

Es gibt auch ein traditionelles Equivalent, eine Wanne aus Holz.

Eine nette Idee ist auch das Ratan-Plumpsklo fürs Zimmer eines Pflegebedürftigen ...

... oder die Hightech-Variante von Toto. Es hat die erste antibaktierielle Pu-Dusche und verbraucht 4,8 l Wasser pro Spülung. Und nun zu den Robotern. Sie sind von Panasonic. Ich beginne mal mit dem Roboterbett von Panasonic, das sich von einem Bett in einen Rollstuhl transformiert.






Und das hier die das Bedienpanel. Interessant ist auch der Haarwasch-Roboter.

Er besprüht das Haar mit Wasser, ...
... shampooniert es und massiert die Kopfhaut.


Es sieht angenehm aus.

Weniger freundlich, aber ebenso nutzwertig ist der Kommunikationsbot von Panasonic.
Er soll Schwestern und Ärzten Gespräche von Angesicht zu Angesicht mit den Patienten ermöglichen, ohne den Schreibtisch zu verlassen.